zum Mitdenken

Geschichten und Impulse

Verborgene Talente | S. Filter
Vor ein paar Wochen war der Schreck groß, als es hieß: Mein Fahrzeug bekommt keinen TÜV. Dabei war ich mir gar keiner Schuld bewusst. Aus meiner Sicht war alles in Ordnung – wie immer.Klicken zum Weiterlesen

Ich habe seit vielen Jahren immer ohne Beanstandungen die TÜV-Plakette für meinen PKW-Anhänger bekommen. Nun nicht mehr. Der Grund: Die Nebelschlussleuchte meines Anhängers funktionierte nicht. Eine Nebelschlussleuchte? Ich war der Meinung, mein Anhänger hätte sowas gar nicht. Ich war noch nie danach gefragt worden. Da musste erst ein Prüfingenieur aus dem Vogtland kommen, der bemerkte, dass ich über 15 Jahre lang den TÜV unberechtigt erhalten hätte... Aber tatsächlich, die Leuchte dafür war da, das Birnchen war heil. Es kam nur kein Strom an.
Ehe ich dafür in die Werkstatt fahre, dachte ich, guckst du mal selber nach. So habe ich gegoogelt, das Innenleben des Steckers geprüft, und siehe da – das blaue Kabel an Pin 1 war noch nie angeschlossen. Es war vorhanden, aber fein säuberlich isoliert und gesichert. Da konnte nichts leuchten! Nach der kleinen Reparatur funktionierte nun die Leuchte. Die TÜV-Plakette wurde umgehend erteilt.

Ich musste daran denken, dass es manche verborgenen Talente gibt, nicht genutzt werden können. Nicht nur in der Technik, sondern noch eher im Leben. Gute Anlagen, die stillgelegt sind, weil sie noch nie jemand brauchte. Tolle Fähigkeiten, die nicht zur Anwendung kommen, weil noch nie einer danach gesucht hat. Wer weiß, was für Möglichkeiten Gott noch in uns hineingelegt hat. Bleiben sie unerkannt oder ungenutzt, wenn keiner danach fragt? Oder haben wir im Laufe der Monate oder Jahre vergessen, dass es sie gibt? Es wird Zeit, die verborgenen Gaben (wieder) zum Leben zu erwecken.

Ich habe meine Wohngegend noch nie richtig grün gesehen. Als ich im vergangenen Dezember hier einzog, waren all die vielen Bäume und Büsche kahl. Nun steht der Frühling vor der Tür, und ich freue mich schon richtig, wenn in ein paar Tagen alles sprosst und grünt. In der Natur hat Gott es so eingerichtet, dass nach langen kahlen, grauen Zeiten wieder Leben einzieht. Wärme, Sonnenlicht, neuer Saft - die unscheinbaren Knospen des neuen Jahres, die manche Pflanzen schon im vergangenen Herbst angesetzt haben, werden dicker und brechen auf. Die Blüten bringen Farben und Düfte mit. Was für eine Schönheit, die auch noch außerordentlich zweckmäßig ist (und die Insekten anlockt...)!

Nun kommt nicht nur der Frühling, sondern wir erwarten auch sehnlichst ein Ende der „grauen“ Zeiten voller Einschränkungen. Schließlich lebt die Gemeinde, und wir möchten wieder gemeinsam (Präsenz-)Gottesdienst feiern, zusammen essen oder uns zum Spaziergang treffen. Und weil ich Euch noch nicht lange kenne und noch nicht weiß, welche verborgenen Talente in Euch schlummern, freue ich mich besonders auf solche Begegnungen.
Wir sind alle unterschiedlich. Manche versteckte Gabe wartet geduldig darauf, entdeckt zu werden. Von Anfang an geplant und eingebaut, wird sie wohlmöglich erst offenbar, wenn man sie dringend braucht und danach sucht (wie das Kabel im Stecker meines PKW-Anhängers). Vielleicht bist Du eher der Typ „Elektrokabel“ und wartest still ab, bis Du gefragt wirst. Die Gemeinde-Kutsche fährt ja auch so irgendwie. Aber es geht besser und sicherer MIT Dir. Lass Dich nicht zu sehr bitten...
Andere tolle Anlagen, die Gott in uns hineinlegt, kommen fast von allein zum Vorschein und entfalten sich, wenn die Zeit dafür reif ist. Vielleicht bist Du eher der Typ „Knospe“ und wartest nur darauf, Dich wieder einbringen zu können. Nur zu, der Saft aus der Wurzel bringt verborgene Wunder wieder ans Licht. Gott sei Dank ist das bei jungen Trieben so, aber auch bei gestandenen Bäumen.


Euer Stefan Filter

Wenn ich Jesus sehe, komme ich nach Hause. | S. Filter
Ich wohne noch nicht lange hier, aber auf dem Heimweg verfahre ich mich nicht mehr. Die wichtigsten Straßen, die nach Hause führen, kenne ich inzwischen. Klicken zum Weiterlesen

Als ich neu in Plauen war, habe ich mir viele Merkmale zur Orientierung eingeprägt (wenn ich mich nicht gar vom Navi heimlotsen ließ). Heute muss ich kaum noch nachdenken, und Einzelheiten an der Strecke bemerke ich kaum noch. Bis auf einen ganz besonderen Anhaltspunkt.

Kurz bevor ich in auf meine Zielgerade einbiege, komme ich an einem großen Schriftzug vorbei. An einem Hang, aus Blumen gepflanzt, steht in großen Buchstaben das Wort JESUS. Mitten in der Stadt strahlt mich dieses Beet an. JESUS hebt sich ermutigend heraus, und wenn es dunkel ist, leuchtet JESUS im Lichtschein eines Scheinwerfers, der extra dort installiert ist.

Unterwegs bin ich an riesigen Hinweistafeln vorbeigekommen, an Wegweisern und Leuchtreklame, an Werbesprüchen und Firmensymbolen. Kaum etwas davon erregt noch meine meine Aufmerksamkeit. Ich achte nur noch darauf, wenn ich eine Richtung suche, wenn ich einkaufen möchte oder tanken muss. Es gibt viele Hinweise dafür, dass ich auf der richtigen Strecke bin. Aber nichts spricht mich so an, wie dieses Blumenbeet. Jedes Mal, wenn ich heimfahre, schaue ich zum Hang hinüber und denke: Wenn ich JESUS sehe, bin ich gleich zu Hause. Und dann geht es mir gut mit dem mehrfachen Sinn, den dieser Gedanke birgt.

Nach Hause kommen… meine ich erstmal ganz irdisch. Ich bin zu Hause in meiner Wohnung, wo ich die Tür hinter mir schließe. Dort ist mein Reich. Dass das nicht das Paradies ist, ist nicht so schlimm. Und: Ich bin zu Hause, also aufgefangen, in Sicherheit, geborgen – weil ich weiß, Gott ist da. Er ist überall. So könnte es eigentlich egal sein, wo ich bin – denn Jesu Herrschaft hat schon begonnen. Reich Gottes ist heute schon da. Es ist sein großes Reich, in dem mein kleines Reich untergebracht ist. Es ist sein großes Reich, an dem ich mitbaue. Ab und zu blitzt schon etwas von den gewaltigen Möglichkeiten durch, die Gott hat. Jeder, der auch mit an Gottes Reich baut, kennt das.

Und dennoch bete ich auch: Dein Reich komme… Das ist so nötig! Dass diese Welt noch nicht heil ist, erleben wir nicht nur in den letzten zwei Jahren, sondern auch in den letzten zwei Wochen ganz besonders. Wir sind aufmerksam und sehen Zeitzeichen. Jesus hat besondere Ereignisse genannt, als er über die Zeit bis zu seiner Wiederkunft sprach. Mir fallen die Worte aus Lukas 21,10.11 ein: „Völker und Königreiche werden einander den Krieg erklären. Es wird Erdbeben geben, in vielen Ländern werden Hungersnöte und Seuchen auftreten…“ Es ist wieder einmal soweit. Wie so oft in vielen Generationen vor uns. Nun wieder. Der Blick darauf macht keinen Mut. Er bestätigt uns den Lauf dieser Welt. Was uns aber Hoffnung gibt und zuversichtlich sein lässt, ist der Blick auf Jesus. Er hat mit uns ein ganz großes Ziel: Gottes neue Welt. Er versprach: „Wenn dann alles bereit ist, werde ich kommen und euch holen, damit ihr immer bei mir seid, dort, wo ich bin. Ihr wisst ja, wohin ich gehe und wie ihr dorthin kommen könnt.“ (Joh. 14,3.4 NLB). Wenn wir Jesus im Blick haben, sind wir gleich zu Hause.

Wir sind alle auf dem Heimweg. Als ich Kind war, haben wir mit Begeisterung ein Lied darüber gesungen:
Wir sind ja auf dem Heimweg, was blickt ihr so betrübt? Wir sind ja auf dem Heimweg zum Vater, der uns liebt. | Schon hier und da ein Lichtlein blickt durch den Nebel her, das kommt schon von der Heimat, sie ist nicht ferne mehr. | Und wer da heimwärts wandert, schaut nicht viel nach dem Pfad, er denkt nur an die Freude, die er vor Augen hat. | Ach, das Nachhausekommen, kein Wort hab ich so gern, wir sind ja auf dem Heimweg nach Hause zu dem Herrn. (Text: Hedwig von Redern)

Wenn ich JESUS sehe, bin ich gleich zu Hause. Es sind mehrfach ermutigende Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, bevor ich in meine Straße einbiege und auf meinen Plattenbau zufahre. Weder Weltende noch Lebensende beschäftigen mich im Minutentakt. Doch mir ist es wichtig, hoffnungsvoll zu Jesus aufzusehen. Die Kirchgemeinde, auf deren Gelände JESUS blüht, legt ein lebendiges Zeugnis ab. Selbst ich „alter Hase“ bin immer wieder ermutigt, und ich danke Jesus noch laut im Auto, während ich in meine Parklücke einbiege.

Irgendwann gehe ich vielleicht mal rüber zur Kirche und bedanke mich beim Hausmeister.


Euer Stefan Filter

Ich mag bezahlte Rechnungen | S. Filter
Fast jeder hat heutzutage ein Konto für die persönlichen Finanzen. Es ist inzwischen selbstverständlich für alle laufenden Zahlungen wie Gehalt oder Rente, aber auch für die Abbuchungen für Miete, Strom, Fernsehgebühren, Telefon und vieles andere. Hauptsache, das Konto ist gedeckt. Klicken zum Weiterlesen

Ein Konto ist eine große Erleichterung – so muss man die vielen Zahlungstermine nicht im Blick behalten und bekommt keinen Ärger, wenn man mal zu spät dran gedacht hat – es geht automatisch. Viele kaufen auch im Geschäft oder im Internet mit Geldkarte ein. So ist blitzschnell vom Konto bezahlt. Wir müssen nicht viel darüber nachdenken.

Denken und Danken sind Geschwister, und sie nicht nur von der Herkunft des Wortes her verwandt. Wir wissen es: Dankbarkeit stellt sich ein, wenn wir innehalten, uns einen Moment besinnen, nachdenken und uns das Gute in Erinnerung rufen, das geschieht. Für jemanden, der nicht nachdenkt, ist Dankbarkeit fern.
Wie dankbar können wir sein, dass wir in sicheren Wohnungen zu Hause sein können, dass uns Wärme, Licht und Elektrizität für unsere Haushalte zur Verfügung steht, dass wir Telefon oder Internet haben und viel mehr. Ab und zu sehe ich auf den Kontoauszug und denke nicht: Mist, schon wieder ist Geld weg… sondern: Wie gut, dass es all das gibt, und ich es nutzen kann. Gott sein Dank.

Ab und zu kaufe ich etwas auf Rechnung ein, obwohl ich es gleich hätte bezahlen können. Ich will später bezahlen. Manchmal ist es mir sicherer so, aber oft mag ich einfach auch mal ganz bewusst eine Rechnung bezahlen. Es gibt kaum etwas Entlastenderes als eine bezahlte Rechnung. Ich mag bezahlte Rechnungen! Manchmal notiere ich unter dem Überweisungsdatum dann aus Dankbarkeit ein Kürzel: SDG. SDG steht für Soli Deo gloria, Gott allein [sei] die Ehre. Wer sich in der klassischen Musik auskennt, weiß vielleicht, von wem ich das abgeschaut habe.
Noch vor wenigen Jahren flatterten uns in Zwickau monatlich Rechnungen mit horrenden Geldsummen ins Haus. Was manche Medikamente, Untersuchungen und Behandlungszyklen kosten, übersteigt bis heute mein Vorstellungsvermögen. Aber immer waren wir dankbar, dass die Rechnungen bezahlt wurden. (Von der Krankenkasse, also auch von unseren oder Euren Beiträgen). Gott sein Dank.

Ich will keinen erschrecken, aber tatsächlich gibt es noch andere Rechnungen von derartiger Höhe, da wären selbst die gut Situierten unter uns schnell bankrott. Dauernd häufen wir solche Schulden an, das ganze Leben lang. Durch das, was wir tun oder durch das, was wir nicht tun… Wir haben keine Chance, die Schuld jemals zu tilgen. In der Bibel heißt es ungeschminkt: „Keiner ist gerecht, auch nicht einer. Keiner hat Einsicht und fragt nach Gott. Alle haben sie den rechten Weg verlassen und sind unbrauchbar geworden. Niemand ist da, der Gutes tut, kein Einziger.“ (Rö. 3,10-12). Unser Konto ist ständig im Minus.
Das ist deprimierend für jeden, der bezahlte Rechnungen liebt, gute Beziehungen und geklärte Verhältnisse. Es ist erschreckend für uns, die wir gewohnt sind, so vieles bezahlen und absichern zu können. „Der Lohn, den die Sünde auszahlt [der Sünde Sold], ist der Tod.“ (Rö. 6,23)

Gott sei Dank ist der Bibeltext hier nicht zu Ende: „Gott aber schenkt uns in der Gemeinschaft mit Jesus Christus, unserem Herrn, ewiges Leben.“ An anderer Stelle schrieb der Apostel Paulus: „Gott hat den Schuldschein, der uns mit seinen Forderungen so schwer belastete, für ungültig erklärt. Ja, er hat ihn zu-sammen mit Jesus ans Kreuz genagelt und somit auf ewig vernichtet.“ (Kol 2,14)
Jesus hat die offenen Rechnungen meines Lebens bezahlt. Die offenen Rechnungen Eures Lebens auch, weil/wenn Ihr zu ihm gehört. Er hat schon bezahlt. Das ist so befreiend, so entlastend, so erlösend – deshalb liebe ich bezahlte Rechnungen.
Wenn ich wieder einmal eine Rechnung zu bezahlen habe – und sei es für ein Blitzerfoto :-) - kann ich wieder ganz dankbar unter mein Überweisungsdatum „SDG“ schreiben. Weil ich mich daran erinnere, dass die wirkliche Rechnung meines Lebens schon durch Jesus bezahlt ist. Gott sei Dank!


Euer Stefan Filter

Plauen grüßt seine Gäste! | S. Filter
Kurz hinter der Ortseinfahrt nach Plauen aus Richtung Autobahn A72 steht an der Straße ein Stein mit Inschrift. Ich las den Text oft im Vorbeifahren: „Plauen grüßt seine Gäste.“ Bis vor wenigen Wochen hat mich der Spruch auf dem Stein immer angesprochen, und ich habe mich willkommen geheißen gefühlt. Das ist nun vorbei... Klicken zum Weiterlesen

Ich fand es immer eine nette Geste, und der Satz ist nicht nur für ein paar Tage auf einer Plakatwand oder auf einem Spruchband zu sehen, sondern ist in Stein gemeißelt. Plauen grüßt, Plauen ist gastfreundlich. Aber was ist mit mir?
Nun, ich bin schließlich kein Besucher mehr in der Stadt, seit ich hierhergezogen bin. Ich wohne jetzt hier, nicht nur vorübergehend. Ich bin kein Gast mehr. - Aber was bin ich dann? Ein Bürger der Stadt Plauen? Mein Personalausweis zeigte noch bis vor Kurzem die alte Adresse, Termine beim Einwohnermeldeamt sind schwer zu bekommen. Ich habe hier meinen Wohnsitz (was für ein komisches Wort!), aber ich bin kein Einheimischer. Das werde ich nie sein. Eher ein Zugezogener. Ein Neu-Vogtländer bestenfalls. Mein Dialekt verrät mich, und ohne Navi im Auto hätte ich mich in der Stadt schon x-mal verfahren. Ich bin noch fremd.
Viele liebe Menschen haben mich nach dem Einzug begrüßt, nur von den Bewohnern des Hauses kenne ich bis jetzt kaum jemanden. Ich grüße sie brav im Treppenhaus, aber auf der Straße erkenne ich keinen wieder. Die Nachbarn hier sind sehr achtsam, mir ist das recht. Mein Auto auf dem Parkplatz am Haus hat schon zwei Mal für besondere Aufmerksamkeit gesorgt – wohl, weil ich noch mit dem Zwickauer Kennzeichen unterwegs bin. So wurde ich als Falschparker gemeldet… Nun liegt mein Anwohnerparkausweis vorn im Auto.
Ich habe Rechte. Ich habe Verträge und Schlüssel, bezahle Miete und Gebühren, und mit mehreren Wochen Verspätung wurde auch mein Internetanschluss freigeschaltet. Ich wohne hier. Aber bin ich schon hier zu Hause?

Immer wieder kommt mir in diesen Tagen der Bibeltext aus Epheser 2,19 in den Sinn. Paulus schrieb an Alteingesessene und Neuankömmlinge in der Gemeinde Ephesus: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen… Er meinte weniger die regionale Abstammung der Christen, sondern eher ihre geistliche Herkunft. Ob ganz neu gläubig geworden oder seit Jahrzehnten dabei, ob Jesusgläubiger Jude oder Heidenchrist – alle lebten „unter einem Dach“ in der Gemeinde – wie wir. Wir sind Hausgenossen Gottes. Und das nicht, weil wir dafür bezahlen würden, sondern weil Jesus für uns bezahlt hat. Weil er uns aufgenommen hat.
Gottes Hausgenossen, Mitbewohner seines Reiches sind wir. Wir leben gemeinsam unseren Alltag mit Gott. Wir kommen zu ihm nicht als Gäste oder Besucher, sondern als Menschen mit Wohnrecht.

Pfarrer W. Busch schrieb einmal sinngemäß dazu: Stellt Euch vor, in einem Haus wird ein Fest gefeiert. Hausbewohner und Gäste sitzen miteinander beim Essen. Ein Außenstehender könnte nicht erkennen, wer hier zu Hause ist, und wer Gast. Aber irgendwann ist das Fest zu Ende. Wenn dann die Ersten aufbrechen, ist klar, wer wohin gehört. Die Hausgenossen dürfen bleiben. Die Gäste müssen sich verabschieden.
Oder stellt euch vor, da ist ein Gottesdienst. Gemeinsam wird gesungen, gemeinsam hört man die Predigt, gemeinsam tritt man im Gebet vor Gott. Und doch gibt es einen kleinen Unterschied zwischen denen, die dabei sind: Die einen sind „Gäste". Sie sind sozusagen zu Besuch bei Gott. Danach gehen sie wieder - in ihre eigene Welt hinaus. Die anderen aber sind nicht „Gäste Gottes". Sie sind hier zu Hause. (Jetzt zitiere ich W. Busch: „Sie haben in Buße und Bekehrung das Heil Gottes ergriffen. Sie sind durch Jesus versöhnt mit Gott. Sie haben Bürgerrecht im Reiche Gottes – aus Gnaden.“) Und es geht noch besser: Nicht nur Mitbewohner bei Gott sind wir, was schon einen großen Segen ist, wir sind sogar seine Kinder. Das beschreibt viel mehr seine Liebe als unsere Abhängigkeit. Nicht wie wenig wir zu sagen hätten, sondern wie viel uns geschenkt ist. Kinder im Haus Gottes – so nahe dran dürfen wir sein, dass Jesus uns sogar rät, den Allmächtigen im Vertrauen Papa zu nennen. Das ist der Unterschied zwischen Gästen und Hausgenossen und Kindern. Niemand muss sich zu Gottes Wort halten und dann doch im Gäste-Status bleiben. Jesus lädt alle ein, seine Kinder zu werden. Dann ist alles Fremdsein aufgehoben. Ich wünsche Euch, dass Ihr Euch in der Gegenwart Gottes ganz heimisch-geborgen fühlt. An welchen Orten des Vogtlands wir auch immer wohnen – innerlich versöhnt mit IHM sind wir Christen erst so richtig zu Hause.


Euer Stefan Filter


PS: Kürzlich bin ich wieder an dem Stein am Plauener Ortseingang vorbeigefahren und habe bewusst hingesehen. Da steht gar nichts von Gästen! Es heißt einfach nur: Plauen grüßt! Das mit den Gästen hatte ich mir früher, als ich noch nicht hier wohnte, immer nur schön „dazugelesen“… Immerhin, jetzt grüßt nicht mehr eine unbekannte Stadt, sondern die neue Heimat. Und ein klitzekleines bisschen grüße ich mich jedes Mal auch selbst.

Un-Makellos | S. Filter
Die Papiere sind unterschrieben, die Schlüssel sind übergeben: Ich schließe die neue Wohnung auf. Ich rieche noch die frische Wandfarbe... Klicken zum Weiterlesen

Die weißen kahlen Wände blenden in der Vormittagssonne. Neue Elektrik, neue Schalter, Steckdosen, Fußleisten, Heizungsventile - alles weiß. Der dunkle Fußboden ist ein angenehmer Kontrast. Einen Moment bleibe ich in der hellen Leere stehen und genieße die Unberührtheit. Um mich ist richtig viel Platz. Ich mag klare Linien und Ordnung, und eine Weile habe ich sie vermisst. Aber die leere Wohnung ist mir doch irgendwie ZU ordentlich.
Sie wird nicht so clean bleiben. In ein paar Tagen wird sie mein Zuhause sein. Dann sind meine Dübellöcher gebohrt, und der erste Staub setzt sich in die Ritzen. Dann stehen meine Regale und Schränke vor den weißen Wänden und werfen Schatten. Bald werden meine Spritzer an der Küchenwand sein, ich kenne mich. Staubmutzeln verkriechen sich so geschickt irgendwo drunter, dass ich sie erst wieder beim nächsten Umzug entdecke, und meine Bücherregale werden ein Paradies für Spinnen sein. Ich weiß es vom ersten Moment an: Die Wohnung wird nie wieder so sauber sein, wie jetzt - selbst wenn ich mir die größte Mühe gebe.

Aber warum auch… ich will ja drin wohnen. Das Leben darf seine Spuren hinterlassen. Schon ist die erste Bleistiftmarkierung mitten auf der makellosen Wand. In Gedanken füllen sich die Räume mit Leben, Farben und Musik. Hier werde ich arbeiten und chillen, trauern und feiern. Das größte Zimmer wird das Arbeitszimmer. Ich klebe mit Kreppband die Umrisse der Möbel auf den Fußboden, die Vorfreude steigt, und ich merke: Soooviel Platz ist das garnicht.

Jeder von uns findet seine Freiheiten woanders. In weißen oder blauen Wänden, mit viel oder weniger Platz, im Häuschen mit Garten oder in der Plattenbauwohnung. In der Großfamilie oder als Einzelgänger, als Musikfreund oder Feinschmecker, modebewusst oder computerbegeistert. Oft zeigen sich mit den Freiheiten auch persönliche Grenzen – alles hat seine Kehrseite. Das Leben prägt uns mit seinen Höhen und Tiefen. Und mittendrin: Gott. Er ist selbst dann dabei, wenn Veränderungen keine neuen Wege öffnen, sondern die bisherigen Wege abschneiden. Wenn das Leben nicht weiter, sondern enger wird.
An den Wegscheiden des Lebens kann Gott den Zurück-Blick heilen und eine Dankbarkeit schenken, die befreit. Und er gibt uns einen Blick nach vorn, einen Blick nach oben. Er erinnert uns daran, dass ein reines Herz wichtiger ist als eine frischgemalerte Wohnung. Bei ihm erfahren wir auch, wie entlastend Vergebung, Versöhnung und Neuanfang ist. Wie befreiend wieder-gut-gewordene persönliche Beziehungen in Familie und Gemeinde sind. Und dass die kleinen Dreckecken des Lebens (wer denn welche hat) ausgeräumt werden können. Wieviel Freude macht doch ein entlastetes Gewissen!

Diese Welt ist noch nicht heil. Wer lebt, macht Fehler. Besonders wir in unserem privilegierten Land können uns nicht herausreden. Was wir tun oder was wir nicht tun, wirkt sich immer aus. Aber es gibt auch so viel Gutes, Staunenswertes, Erhabenes. Und es gibt Neuanfänge.
Bleiben wir bei Gott geborgen, der ursprünglich für seine Menschen einen nagelneuen Garten Eden anlegte. Bleiben wir voller Hoffnung auf die Neue Welt, die Gott wie versprochen kommen lässt und von der Jesus sagte, dass es im Hause seines Vaters viele Wohnungen gibt. Und freuen wir uns, dass das Reich Gottes schon begonnen hat.
Schon jetzt empfängt Gott uns mit offenen Armen. Wir sind ja seine Kinder. Seine Türen stehen weit offen.


Euer Stefan Filter


Nachtrag: Der Umzug ging über die Bühne, und es kam, wie es kommen musste: Wegen des vielen Mobiliars und der Umzugs- und Bücherkisten, die bis unter die Decke gestapelt sind, ist von manchen strahlend weißen Wänden nichts mehr zu sehen…

Licht im Dunkeln | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Ab und zu mache ich morgens einen schnellen Spaziergang. Ich schnappe mir meine Nordic-Walking-Stöcke und drehe eine Runde. Wenn es noch dunkel ist – umso besser. Ich muss nicht unbedingt gesehen werden. Aber ich möchte schon sehen, wohin ich laufe... Im Park oder am Zwickauer Muldedamm stehen die Laternen nur in großen Abständen, also habe ich eine kleine Stirnlampe dabei, die vor mir den Weg erhellt. Unterwegs ist einiges zu bemerken. An einem überdachten Rastplatz schläft ein Obdachloser auf der Bank, seinen vollen Gepäck-Einkaufswagen neben sich. Es ist sein Stammplatz. Der Mond sieht kalt aus, sein bläuliches Licht fällt durch einen dünnen Wolkenschleier. Auf den Hauptstraßen der Stadt ist schon reger Verkehr – ein Auto am anderen. Der Arbeitstag beginnt früh, die Stadt lebt schon. Auf dem schwarzen Asphalt meines Weges haben Schmierfinken irgendeinen Text verewigt. Dauernd stehen irgendwo E-Scooter im Weg herum, diese Roller für Erwachsene. Sie werden einfach stehen gelassen, wenn die Batterie leer ist oder die Zeit abgelaufen. Nur die LED-Lichter blinken noch rot.
Plötzlich tauchen links am Wegesrand zwei andere sehr helle Lichter auf. Grün, strahlend und dicht am Boden. Ich komme näher und lächele: Es sind Katzenaugen. Keine technischen Reflektoren, sondern wirklich die Augen einer Katze. Wie hell die doch im Lichte meiner Stirnlampe sind! Ich denke darüber nach, wie gut es ist, dass Dinge Licht wiederspiegeln. Die Reflektorstreifen an der Kleidung, die Reflektoren am Fahrrad, die „Katzenaugen“ an den Leitpfosten der Straße oder die Augen der echten Katze. Sie leuchten nicht selbst, sondern geben das Licht, das auf sie trifft, weiter. Je heller das Licht ist, das auf sie trifft, umso stärker strahlt es zurück.

Hier finde ich die Verbindung zwischen zwei bekannten Bibeltexten über das Licht. Einerseits sagt Jesus von sich selbst: Ich bin das Licht der Welt! Wer mir folgt, wird nicht mehr in der Finsternis umherirren, sondern wird das Licht haben, das zum Leben führt. (Joh. 8,12). Da ist ganz klar, wer die Lichtquelle ist. Und an anderer Stelle sagt Jesus uns: Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. (Mt. 5,14).
Selbst wenn wir Nachfolger Jesu solches Licht, das zum Leben führt, nicht selbst „produzieren“ können - verbreiten können wir es trotzdem. Indem wir es widerspiegeln, reflektieren, weitergeben. Wir können davon reden, wie unser Glaube uns selbst im Leben hilft. Und darum beten, dass auch das Leben derer heller wird, die wir treffen. Nicht nur in der Advents- und Weihnachtszeit, wenn das ganze Land von Festtagsbeleuchtung nur so strotzt, sondern auch jetzt schon – im trüben, dunklen Monat November.

Auf der rechten Seite meines Weges ist plötzlich der ganze Hang mit winzigen kleinen Leuchtpunkten übersät. Ach Stefan, denke ich, jetzt hast Du es übertrieben mit deinen schönen Gedanken über leuchtende Lichter und Reflektionen… Ich kneife ein paar Mal die Augen zusammen, aber so schnell bin ich nun wirklich nicht gelaufen, dass der Kreislauf schlapp macht und ich ich schon Sterne sehe. Die Lichtpunkte sind immernoch da, sie sind echt. Für Glühwürmchen ist es längst zu kalt. Es dauert eine ganze Weile, ehe ich begreife: Am Zwickauer Muldedamm lagert eine Schafherde. Da schauen mich über 100 Tieraugen an und werfen das Licht meiner Lampe zurück. Ein Schauspiel! – Schlafen Schafe eigentlich mit offenen Augen?
Auf dem Rückweg komme ich wieder an der Asphaltschmiererei vorbei. Beim schnellen Drüberlaufen fallen mir ein paar Worte auf, und ich bleibe stehen. Da hatte doch jemand etwas mit Sinn ge-schrieben:
Es gibt Dinge im Leben, die sind einfach schön, einfach da, einfach einfach, einfach lecker, einfach lebenswert.

Es ist noch dunkel, als ich wieder zu Hause ankomme. Danke, lieber Gott, denke ich, dieser Morgenspaziergang war nicht ganz so langweilig wie sonst so oft. Ein guter Start in den Tag mit Symbolen, Verheißungen, kleinen Entdeckungen und einer Herausforderung. Denn als Christen geben wir oft einfach durch unser Leben das Licht weiter, das zum Leben führt. Wir stellen das Licht ja nicht absichtlich „unter den Scheffel“. Aber ab und zu haben wir es doch in der Hand, das Licht klarer und heller leuchten zu lassen. Tun wir das Gute.


Euer Stefan Filter

Fest-Halten | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Treppengeländer sind eine Herausforderung. Wenn kein Lehrer in Sicht war, sind wir als Kinder die langen Treppengeländer im Schulhaus hinuntergerutscht. Es war streng verboten, und vielleicht hat uns gerade das zu solch kleinen Mutproben angestiftet... Und wenn doch jemand dabei erwischt wurde – der war unser heimlicher Held. Als Kinder und Jugendliche haben wir gerne unsere Grenzen ausgetestet. Wie weit kann man gehen, ehe man zurückgepfiffen wird? Wie laut darf es werden, ehe sich jemand beschwert? Wieviel darf man sich erlauben, ehe jemand Konsequenzen androht? Ab wann bringt mich meine Stärke selbst in Gefahr?
In diesem Alter fragt sich mancher, wofür es überhaupt Geländer, Barrieren, Absperrungen usw. gibt. Man fühlt sich sicher. Es hat mich z.B. total genervt, die Sprossen des Treppengeländers zu unserer Etage im Haus zu entstauben, wenn ich als Teenager mit der Hausordnung dran war. Das Geländer selbst war ja mit einem Wisch sauber, aber die gedrechselten Sprossen… Staub in jeder Ritze. Das dauerte ewig. Ich war gefühlt der Einzige, der dort jemals saubermachte. Gut, die Vernunft sagte mir, dass die Geländer nötig sind – für die Rentner im Haus.
Bis heute ist es selten, dass ich wirklich mal ein Geländer benutze. Ich kann mich zwar nicht mehr in kühnem Schwung darüber hinwegsetzen, aber dass ich mich daran abstützen oder hochziehen muss oder Halt suche, weil ich ganz kurz davor wäre, das Gleichgewicht zu verlieren, kommt kaum vor. Und normalerweise bin ich im Leben auch nicht der Draufgänger, der sich unbedingt nahe am Abgrund bewegt oder in schroffe Abgründe blickt. Normalerweise.

Wer im Gebirge unterwegs ist, wird sich an manchen Stellen über Geländer oder Seilabspannungen freuen. An besonderen Aussichtspunkten sind sie nützlich. Da werden Grenzen gesetzt oder Gefahren markiert. Heimat- und Wandervereine leisten damit – oft ehrenamtlich – uns Wanderern einen wertvollen Dienst. Und die Leitplanken an den Autobahnen haben schon so manchem das Leben gerettet.
In übertragenem Sinne hat wohl jeder von uns seine eigenen Erfahrungen mit den Geländern des Lebens, den Regeln und Vorschriften, den Abgrenzungen, Barrieren und Leitplanken. Solange man sich selbst-sicher fühlt, braucht man ein Geländer kaum. Wer will schon gerne auf seinem Lebensweg festgelegt sein oder sich gegängelt fühlen?

Ihr denkt vielleicht schon die Parallele mit, die sich hier anbietet: Gottes Gebote sind Geländer fürs Leben. Dem einen sind sie wertvoll – so schützend, bewahrend, le-bensrettend, wie sie sind. Dann stört es auch nicht, sich auf diese Grenzen einzulassen, wenn man sich im Moment gar nicht gefährdet fühlt. Dem andern sind die Gebote vielleicht eine ständige Herausforderung, weil er sich davon so eingeengt fühlt. Oder weil wir uns sowieso nie ganz daran halten, wenn wir es genau nehmen. Dabei hat doch schon Paulus schon an die Galater geschrieben: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“ (Gal 5,1). Ob einen Regeln ärgern oder Sicherheit geben, kommt bestimmt darauf an, wie man zum Gesetzgeber steht.

Und wie ist es in Extremsituationen? Wenn Du Dir die Stelle im Leben nicht ausgesucht hast, an der Du gerade gelandet bist? Wenn nicht mehr sicher ist, was bisher immer Sicherheit bot? Oder wenn Du vorher nicht abschätzen konntest, wo es hinführt, und nun stehst du da? Es gibt Situationen, die sind gar nicht heldenhaft.

Ich war im Sommer mit einer Gruppe von Männern wandern. Nichts aufregendes, ein paar Stunden durchs Mittelgebirge. Das leichte Nieselwetter konnte uns nicht abschrecken. Irgendwann lockte uns ein Wegweiser zu einem besonderen Aussichtspunkt auf den Steinberg. Einer der Wandergenossen kannte die Stelle schon und schwärmte von einem wunderschönen Ausblick über das ganze Tal. Wir stiegen also hoch, die letzten Meter auf glitschigem Boden. Oben angekommen war der Blick tatsächlich schön, aber das Gipfelplateau war winzig. 8 Männer auf nassem Fels gefährlich eng beieinander - und kein Geländer! Natürlich hätten wir alle darauf bestanden, dass die wackeligen Knie von dem steilen Aufstieg herrührten und nicht etwa … Dort hätte ich mir wirklich ein Geländer gewünscht. Dort hätte ich es benutzt.

In der Mitte des Plateaus stand ein großes stählernes Gipfelkreuz, massiv im Fels verankert. Wenn hier nun schon ein Kreuz steht, sagte ich mir, dann kannst Du Dich ja daran festhalten. Gesagt – getan, und ich war nicht der Einzige, sich am Kreuz in Sicherheit brachte. Erst jetzt konnte ich das Panorama genießen. Im gleichen Moment war mir klar, wie treffend dieser Satz unser ganzes Leben beschreibt: Wenn es nun schon das Kreuz gibt, dann kannst Du Dich ja daran festhalten.

Gott sei Dank, es gibt das Kreuz. In vielen Situationen des Lebens suchen wir die Nähe Jesu. Wenn vieles um uns herum oder sogar tief in uns selbst unsicher wird, gibt das Kreuz, in dem ich Gnade, Verheißung und Sieg sehe, festen Halt. In manchen Extremsituationen des Lebens gilt das besonders. Denn dann hält nichts anderes mehr. Ich hab das schon erlebt.
Allen, die Regeln nicht mögen, die voller Elan Absperrungen in Frage stellen, ihre Freiräume testen oder über Grenzen hinausgehen, wünsche ich von Herzen: Verliert nie ganz aus den Augen, dass das Kreuz auch für Euch aufgerichtet ist. Der Weg dahin ist frei.


Euer Stefan Filter

Vom Schatz im Einkaufsbeutel | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Ich bin ein ruhiger Mensch. Mich impulsiv zu nennen, wäre maßlos übertrieben. Wenn ich einer spontanen Idee folge, muss das eine ganz besondere Situation sein. Aber ab und zu passiert es. Gott sei Dank.
Seit Jahren hat mich mein schlicht-schöner Einkaufsbeutel aus Stoff begleitet... Schwarz und klein, aber erstaunlich geräumig. Ich gehe gern am späten Abend einkaufen und schätze die Zeit zwischen 21:00 und 22:00 Uhr. Da sind die Kaufhallen fast menschenleer, keiner drängt, keinen stört meine Bummelei. Ich bedanke mich regelmäßig bei den Mitarbeiterinnen an der Kasse, dass sie für mich Spätdienst machen. Das bringt sie zum Lächeln.
Nachts einkaufen und ein schwarzer Einkaufsbeutel passen schlecht zusammen. Mittwoch spät abends verstaute ich den Einkauf im Kofferraum, es war viel, diesmal brauchte ich größere Tragetaschen. Zu Hause merkte ich: Mein schwarzer Lieblingsbeutel fehlt. Im Auto oder in den Einkaufstaschen war er nicht – ich musste ihn in der Dunkelheit am Einkaufswagen hängen gelassen haben, als ich den zurückgestellt habe.
Ich klopfe meine Jacke ab: Die Schlüssel sind da, das Handy ist da, das Portmonee ist da. Ich bin erleichtert, den Beutel kann ich verschmerzen. Auf der Treppe fällt mir ein: Das Notizbuch! Mein Aufgaben-, Gebetsanliegen- und Notizen-Buch. Ganz wichtig und garantiert nicht für fremde Augen bestimmt. Das Buch musste noch im Beutel sein, zusammen mit unwichtigem Kleinkram. Der Schreck sitzt tief.

Es nieselt. Ich werfe einen Blick auf die Uhr: Es ist fünf vor Zehn. Bis ich dort bin, ist die Kaufhalle längst geschlossen. Es hilft nichts, und ich bin gar nicht mehr entspannt. Mein normaler Gedanke: Du fährst gleich morgen früh hin, wenn sie aufmachen. Den Beutel hat bestimmt jemand abgegeben. Und dann traf mich der ungewöhnliche Impuls: Mach es jetzt. Mach es gleich. Fahr los!
Für Euch mag das vielleicht normal sein, für einen Phlegmatiker wie mich ist das eine Herausforderung. Da ist jetzt sowieso keiner mehr, wiegelte die andere Stimme in mir ab. Was willst du denn jetzt dort erreichen? Die Verkäuferin nochmal rausklopfen? Die hat auch ihren Feierabend verdient. Und wenn der Beutel geklaut worden ist, kannst Du Dich ja auch morgen noch ärgern… Fahr los. Mach es jetzt. Mach es gleich!

Und dann mischte sich noch eine vernünftige Stimme ein: Wenn der Beutel noch am Einkaufswagen hängt und es über Nacht weiter regnet, ist das Buch morgen früh vielleicht durchgeweicht und ein großer Teil unleserlich…Mach gleich. Fahr los, jetzt!
Also doch: Ich setze mich wieder ins Auto und fahre zurück. Der Parkplatz ist leer. In der Kaufhalle glimmt nur noch die Notbeleuchtung. Kein Beutel hängt mehr an den Einkaufswagen. In einer dunklen Ecke stehen noch zwei Männer und rauchen. Ich halte an, um zu fragen, ob sie etwas gesehen hätten. Da - einer von ihnen hatte tatsächlich meinen Beutel in der Hand! Als Fundsache an der Kasse abgeben wollte er ihn gewiss nicht – er hatte inzwischen seinen eigenen Einkauf drin verstaut.
Ich steige aus und sage ihm, dass ich meinen Beutel erkenne und dass ich unbedingt das Buch zurückhaben muss, was im Beutel steckt. Ich konnte es von außen sehen und fühlen. Vielleicht war der Mann verdattert, weil ich nicht laut-verärgert war, sondern nur aufgeregt. Jedenfalls ließ er mich meinen Schatz herausfischen. Den Beutel mit meinem restlichen Kram schenkte ich dem Unbekannten. Mein Buch war trocken geblieben. Ich musste mir Mühe geben, auf dem Rückweg zum Auto nicht vor Freude und Dankbarkeit zu hüpfen. Dem Drang hätte ich eigentlich auch nachgeben können - es war ja dunkel.

Mein Buch ist wieder da, Gott sei Dank! Vielleicht eine Kleinigkeit, aber ich danke IHM für Fügung und Bewahrung und noch mehr für Impulse und kleine Beunruhigungen. Gott weiß schon, was er tut. Übrigens ist mein neuer Einkaufsbeutel nun rot.


Euer Stefan Filter

Blaubeerkuchen und blaue Finger | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Ich war neulich zum Kaffee eingeladen, es gab Blaubeerkuchen. Er war selbstgebacken und sooo lecker, es musste sein. So etwas darf man nicht ablehnen. Und dazu waren die Beeren auch noch selbstgepflückt! Ich weiß, wie mühsam das Pflücken ist... Die Beeren sind klein und die Büsche niedrig – jedenfalls wenn man im Wald sammelt. Als Kinder haben wir nicht gejubelt, wenn es im Erzgebirge in die Blaubeeren ging. Bis ich mein Eimerchen voll hatte, verging viel Zeit. Finger und Zunge waren da viel schneller tief-dunkelrot eingefärbt.
Gesund sollen die Früchte ja sein. Aber dass etwas, was so gut ist und schmeckt, so derart hartnäckige Spuren hinterlassen kann, ist schon erstaunlich - egal, ob man die Früchte nun Heidelbeeren, Blaubeeren, oder wie hier Schwarzbeeren nennt.
Es gibt viele Dinge im Leben, bei denen das ähnlich ist. Wie wir sind und was wir tun, hat seine Auswir-kungen. Und wie wir manchmal nicht sind, oder was wir nicht tun, wirkt sich auch aus. Haben wir es in der Hand, ob unser Einfluss ein guter ist oder nicht?

Wir werden alle geprägt. Geformt. Durch die Familie, die Gemeinde, die Gesellschaft, durch Nähe und Abstand. Wer wir sind, sind wir durch Beziehungen und Begeisterung, durch Heraus-forderungen und Initiative genauso wie durch Trauer und Misserfolg, Verlust oder Distanz. Das Leben hinterlässt seine Spuren. Dummerweise werden wir selbst dann geformt, wenn wir das eigentlich gar nicht wollen: Google informiert die Welt, Netflix will sie unterhalten, soziale Netzwerke umspannen die ganze Erde. Jede Generation hatte und hat ihre Influenzer. Wenn wir schon nicht von der Welt sind, in der Welt sind wir allemal (nach Johannes 17).

Wie gut, dass wir als gläubige Leute wissen, dass es DEN guten Einfluss, DIE guten Impulse des Lebens bei Gott gibt. Deshalb halten wir uns nahe bei ihm. Deswegen öffnen wir uns bewusst seinem Wirken. Deshalb lassen wir uns ansprechen. Deswegen hat die persönliche Andacht ihren Wert. Deswegen beten und singen wir. Deshalb schätzen wir unser Netzwerk Gemeinde. Und das hat seine Wirkung.
Wenn man lange genug bei Gott rumhängt, färbt der Typ auch irgendwie ab, schreibt die Romanautorin und Theologin Andrea Schwarz in ihrem Buch "Reise in die Sehnsucht". Sich in Gegenwart Gottes aufzuhalten, kann Menschen heil machen, denn Gott färbt ab. (Andrea Schwarz beschäftigt sich im Buch mit der großen Tiefe und Weisheit der sieben Ich-bin-Worte Jesu aus dem Johannesevangelium).

Nun, wir werden nicht nur beeinflusst, wir hinterlassen auch selber Spuren. Eltern und Großeltern prägen Kinder und Enkelkinder. Lehrer, Ausbilder und Dozenten unterrichten die kommenden Generationen. Die Kumpels oder Freundinnen sind wichtige Bezugspersonen. Arbeitskollegen beeinflussen die Atmosphäre im Team. Handwerker schaffen etwas Bleibendes. Manches Leben wird hoffnungsvoll, weil es Ärztinnen und Pflegerinnen gibt… und es gibt so viel mehr Beispiele. Jeder von uns kennt seine eigenen Spuren – nicht alle Auswirkungen, aber doch manche. Möchten wir nicht alle positive Spuren hinterlassen? Dann lasst uns die vielen Möglichkeiten nicht unterschätzen, die wir haben.

In der Bibel gibt es gute Symbole dafür, wie sich das Leben auswirkt. Ihr kennt z.B. Jesu Worte aus Matthäus 5,13 ff: Ihr seid das Salz der Erde (das nicht unnütz weggeworfen werden muss). Ihr seid das Licht der Welt, das weit hinaus strahlt und sich nicht unter einem Topf versteckt. Jesus motiviert uns hier, in seinem Sinne und als seine Nachfolger Verantwortung zu übernehmen.

Jeder weiß, dass man mit Salz auch viel Unheil anrichten kann (wie das Sprichwort „Salz in die Wunde streuen“ zeigt). Und mit einer Kerze oder einer Öllampe könnte man ganze Wälder abfackeln. Die „Rohstoffe“ sind die selben. Wie wir damit umgehen, macht den Unterschied!
Lassen wir viel von Gottes Gedanken, seinem Wesen, seinem Willen in uns wirken. Lassen wir ihn „auf uns abfärben“ und ziehen wir Konsequenzen. Heiligung nennt die Bibel das, und jeder wird da individuell reagieren, ja reagieren müssen, weil Gott jeden persönlich meint.
Und wenn wir dann selbst etwas weitergeben können von dem, was unser Leben mit Gott ausmacht, dann kommt es wieder darauf an, wie wir es sagen. Bei den Nachbarn, in der Klasse, in der Verwandtschaft, im missionarischen Gottesdienst – wo auch immer.
Um noch einmal auf die Blaubeeren zu kommen: Es liegt an uns, ob wir am Kaffeetisch schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist (Ps. 34,9), oder ob wir blaue Flecke verteilen und die Leidensgeschichten der Beerensammler wiederholen…
Hinterlassen wir positive Spuren.


Euer Stefan Filter

Die Höhen des Landes | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Neulich bin ich über eine „Goldene Höhe“ gefahren und habe auf der Höhenstraße die tolle Aussicht genossen. Blauer Himmel und ein wunderschöner Blick nach Süden über die hügelige Gegend, ein Panorama zum Aufatmen. Für mich als Stadtmensch ist das nicht alltäglich. Es ist schön hier, und goldene Höhen gibt es etliche im Vogtland.
Der Blick aus dem Seitenfenster war kurz, ich musste wieder auf die Straße sehen. Bis ich mir überlegt hatte, anzuhalten und auszusteigen, war die Gelegenheit vorüber. Aber der Eindruck blieb, und ich habe mich an einen Bibeltext aus Jesaja 58 erinnert:
… und ich will dich über die Höhen auf Erden gehen lassen und will dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob; denn des HERRN Mund hat's geredet.(Jes. 58,14)
Was hat Gott eigentlich damit gemeint, wenn er das in seiner Verheißung beschreibt? In anderen Bibelübersetzungen und –übertragungen heißt es: Ich will dich über die Höhen des Landes führen … ich werde euch reich beschenken … über alle Hindernisse lasse ich euch triumphieren ...

Sind „die Höhen des Landes“ für seine Kinder Zeiten des Segens, des Glücks, des Friedens? Heile Welt, Zeiten der Begeisterung, der Liebe und Harmonie? Ja, bestimmt - wenn sich diese Verheißung in Jesaja 58 nicht nur auf diese Welt bezieht, sondern auch auf die neue Welt, die Gott schafft, und auf die wir warten. Und doch liegt nicht alles erst in der Zukunft. Schon jetzt erleben wir viel davon. Jetzt schon sind wir gesegnete Leute. Dass wir in einem reichen Land leben dürfen, dass wir seit 75 Jahren Frieden haben, große Freiheiten genießen und so vieles andere lässt manchen von uns dankbar staunen.
Heutzutage kommt dieser Segen oft allen zugute, und nicht nur denen, für die Jesaja die Verheißung aufgeschrieben hat. Es geht in unserem Lande nicht nur den gläubigen Leuten gut. Aber gehört es nicht auch zu den Höhen des Landes, dass wir Hoffnung und Zuversicht haben dürfen, wo ringsum Angst herrscht? Oder dass wir Vergebung und Versöhnung kennen?
Gut, wir kennen nicht nur die Höhen der Erde. Wir erleben auch Tiefpunkte, düstere Schluchten und Schattenseiten des Lebens. Sie erinnern uns daran, dass wir nicht mehr im Paradies leben - und noch nicht auf der Neuen Erde. Sie erinnern uns daran, dass wir selbst Heilung brauchen, Gnade und Gottvertrauen. Und auch daran, dass uns aufgetragen ist, für einander zu beten und einander ein Segen zu sein.
Brauchen wir die Täler des Lebens, um die Höhen der Erde sehen zu können? Wie bewundere ich doch jeden, der wie David beten kann:Gehe ich auch durch die nachtschwarze Schlucht, fürchte ich doch kein Unglück, denn du bist mit mir unterwegs. (Ps. 23,4 DBU)

Vielleicht gewöhnt man sich an den Blick von der „Goldenen Höhe“, wenn man diese Landstraße täglich benutzen muss. Wer in einer Gegend wohnt und arbeitet, in der andere Urlaub machen, für den ist es schnell Alltag. Gewohnheit lässt abstumpfen. Was für mich am Vogtland neu und faszinierend ist, ist für manchen „alten Hasen“ vielleicht keinen Blick mehr wert. Und manchmal verliert sich auch der dankbare Blick auf das Leben, auf den Segen, der uns umgibt, wenn wir zu schnell oder zu gewohnheitsmäßig im Leben unterwegs sind.

Es war Sabbat, als ich die „Goldene Höhe“ entlangfuhr. Vielleicht hätte ich doch anhalten können.


Euer Stefan Filter

Ent-Sorgen | S. Filter | Klicken zum Weiterlesen

Irgendwann werde ich von Zwickau ins Vogtland umziehen. Ach, sagte eine meiner Töchter, dann wirst du ja ganz schön ausmisten müssen. – Ich weiß, was sie meinte und habe gelächelt. Aber innerlich habe ich ihr energisch widersprochen. Ausmisten. Schon das Wort… Meine Wohnung ist doch kein Kuhstall!
Klar, es ist symbolisch gemeint. Aber selbst dann: So unordentlich finde ich mein Leben gar nicht... Ausmisten… Das klingt nach Müll, Schrott und Gerümpel. Sowas besitze ich überhaupt nicht. Schließlich hat alles, was ich habe, seinen Sinn. Meistens. Also muss auch nichts weg. - Naja, bei manchem ist es vielleicht auch schon eine Weile her, dass es seinen echten Sinn hatte, aber jedenfalls brauche ich es. Oder ich könnte es ja irgendwann mal brauchen und hebe es deswegen auf. Oder es hängen Erinnerungen dran. Oder es funktioniert halt noch. Nicht mehr neu, nicht wirklich modern, aber es ist nicht kaputt genug zum Wegwerfen. Also behalte ich es. Die jungen Leute nennen das nachhaltig – ich bin einfach ein sparsamer Mensch.

Vielleicht komme ich ums Aussortieren doch nicht ganz herum. Es ist Zeit, die Hemden und T-Shirts wegzugeben, die mir schon lange zu eng geworden sind. Sollte ich sie wirklich jemals vermissen, kaufe ich mir zur Belohnung fürs Abnehmen neue… Ich habe Bücher im Regal stehen, die mehrfach mir mir umgezogen sind, aber in denen ich seit 30 Jahren nie geblättert habe… Meine alten Langspielplatten und Musik-Cassetten will keiner mehr. Heute benutzt man schon kaum noch CDs, Musik wird gestreamt. Und im Keller habe ich Zeugs, das noch von meinem Großvater Josef Kulessa stammt. Meine Kinder würden sich bestimmt freuen, wenn sie nicht dereinst alles entsorgen müssten, sondern wenn ich schon mal selbst damit anfange…

Es fällt nicht leicht, zuzugeben, dass sich im Leben auch das eine oder andere Überflüssige ansammelt. Aber ich merke, es gibt dieses Gerümpel. Es braucht unnötig Platz in Schrank und Kopf. Meine Tochter hat wohl nicht ganz unrecht.
In nächster Zeit habe ich die Chance, aufzuräumen – und mir graut davor, denn Ausmisten ist Schwerstarbeit, und ich muss mich dazu zwingen. Schließlich hat alles ja mal Geld gekostet... Und wer weiß, was ich alles finde, von dem ich gar nicht mehr wusste, das es noch da ist. Geht es doch nicht nur um Regale und Schubladen, sondern auch um die Seele.

Manches, was noch vor Jahrzehnten mein Leben, das meiner Familie oder meiner Gemeinden geprägt hat, werde ich zurücklassen. Nicht immer leichten Herzens, aber doch ohne schlechtes Gewissen.
Denn wenn mir dabei Dinge in die Hände fallen, die mich an schwierige Situationen erinnern, an Fehler, Versäumnisse oder Verletzungen, dann muss ich die nicht ewig mit mir herumtragen. Ich weiß, dass ich das alles bei Gott abladen kann: Ich bringe es IHM und bitte um Vergebung. Vielleicht segnet ER mich mit Vergesslichkeit. Oder mit wohlwollenden Erinnerungen oder mit Frieden im Herzen.
Und die vielen guten Erfahrungen und Erinnerungen, auf die ich bei meiner privaten Inventur stoße, bleiben mir.

Diese gute Möglichkeit, Ordnung im Leben zu schaffen, hat jeder von uns. Dazu muss man nicht auf Wohnungssuche gehen oder eine Möbeltransportfirma beauftragen. Nicht umziehen, nur umdenken. Ich weiß, das klingt einfacher, als es ist. Aber wir sind damit zum Glück nicht auf uns selbst gestellt: Im Vaterunser dürfen wir beten: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
Man muss es ja nicht unbedingt „Ausmisten“ nennen, wenn einem das Wort nicht gefällt. Ent-sorgen trifft es auch ganz gut.


Euer Stefan Filter